24.01.03
Törn 3
- Von Wien ins streikende Venezuela
Während in den Medien immer öfter über den Streik in Venezuela
berichtet wurde, fand er hier im Osten des Landes immer weniger
statt. Unruhen und Demonstrationen gab und gibt es wenn dann
eigentlich nur mehr in Caracas, das tägliche Leben hier
funktioniert mit kleinen Ausnahmen und Unregelmäßigkeiten so wie
eh und je.
Darum fanden wir es besonders schön, dass sich Martha und Fritz
trotz Warnungen des Auswärtigen Amtes nicht von ihrer schon so
lange geplanten Reise nach Venezuela abhalten ließen. Sonntag
vormittags kamen sie an, am Montag haben sie sich sofort ein
Auto gemietet - wer sie kennt versteht, dass sie im Besitz eines
fahrbaren Untersatzes sofort merklich gelassener wurden.
Die ersten Tage vergingen mit Ausflügen in die Stadt
(Hutkauf!) zur Wechselstube
(einmal offen, einmal geschlossen - aber
den besseren Kurs gab es ohnehin beide Male davor) und in
den Supermarkt (wenn es kein Bier mehr
gibt, kaufen wir Wein ein).
Am Mittwoch starteten wir dann gemeinsam zu einer kleinen
Rundreise ins Landesinnere.
Zuerst fuhren wir der Küste entlang nach Cumana, besichtigen die
Zigarrenfabrik und das Schloss. Dann ging es auf kurvigen
Strassen durch beinahe schon Urwald bis zur Playa Medina. Ein
Palmenhain und an einem langen Sandstrand, eine Ferienanlage
bestehend aus kleinen Häuschen und einem Restaurant. Ein
eindrucksvoller erster Reisetag und eine dank Netzen gelsenfreie
Nacht.
Abschied vom Meer.
Durch Cacaoplantagen und kleine Siedlungen geht es weiter bis
nach Carupano, wo wir uns in einer Bäckerei stärkten und an
einem der vielen Bankomaten Geld behoben. Die Strasse nach
Maturin führt uns über unzählige Straßenschwellen
(hier auch "liegende Polizisten" genannt).
Im Hotel gibt es Bier - zwar mit Zitronengeschmack aber in der
Not.....
In der Stadt sehen wir lange Schlangen bei den Tankstellen,
einige sind geschlossen, aber nur 50 km außerhalb von Maturin
ist alles wieder beim Alten.
Die Landschaft wird eben, Rinderherden, soweit das Auge reicht,
durch die östlichen Llanos kommen wir ans Orinocodelta, nach
Tucupita. Hier sind wir mit Sicherheit die einzigen Touristen -
was aber nicht unbedingt mit dem Streik zusammenhängt. Alles
wirkt schon länger verlassen, ein bisschen verkommen; es ist
unmöglich eine Bootstour ins Delta zu organisieren; unsere
Ansprechpartner wollen einfach nicht.
Aber zwei Dinge gibt es in Tucupita: Marthas Parfum und gut
gekühltes Bier!
Weiter durch die Ebene bis an die Stelle, wo man den Orinoco mit
der Fähre überqueren kann. Der Wind stand gegen die Strömung -
eine nasse Überfahrt. In Ciudad Guyana sind zwar alle
Tankstellen geöffnet - doch nur an ausgewählten gibt es
bleifreies Benzin, ebenso ist es auch in Ciudad Bolivar
interessant.
Den Nachmittag unseres vierten Reisetages verbrachte Martha im
Bett um endlich ihren Schnupfen los zu werden. Fritz, Dieter und
ich besichtigen die teilweise sehr verfallenen und teilweise
wirklich schön hergerichtete Stadt. Ganz offensichtlich hat es
hier schon einmal bessere Zeiten gegeben.
Fürs Abendessen testen wir einen Italiener. Da wir Martha ein
klimaanlagenfreies Lokal versprechen können, kommt sie mit uns -
guter Sangria, gute Pizza, gute Pasta.
Am nächsten Tag flogen wir mit einem kleinen, 6-sitzigen,
Flugzeug nach Canaima. Das war ein sehr aufregender Flug, da
merkt man jede "Unebenheit" in der Luft. An der Landebahn
wartete ein Jeep auf uns, der dermaßen auf seine wichtigsten
Bestandteile zusammengerostet war, dass Martha den Pinzgauer von
Fritz herbeiwünschte. Und das passiert wirklich selten.
Wir haben eine kleine Tour durch Teile des Nationalparks
gemacht. Sehr ruhig und friedlich, eine Süßwasserlagune - nur
das Rauschen der Wasserfälle. Einer der Wasserfälle führt im
Moment kein Wasser, es war sehr beeindruckend einmal dort zu
stehen, wo sonst das Wasser daherbraust. Von dort oben hatten
wir auch einen tollen Ausblick in die Umgebung.
Indianersiedlungen, Ebene, die Tafelberge.
Beim Rückflug hatten wir dann einen Piloten, der die Gegend dort
kennt wie seine Westentasche. Zuerst sind wir noch ein Stück in
den Süden, über die Tafelberge bis hin zum bekannten Angelfall -
der im Moment nicht besonders viel Wasser führt
und daher nicht unbedingt beeindruckend war. Der Rest des Fluges
war aber wirklich atemberaubend.
Am nächsten Tag sind wir wieder in Puerto la Cruz. Allen
Unkenrufen zum Trotz bringen wir den 20 l Reservekanister voll
mit Benzin wieder zurück. Den Streik betreffend, war es sehr
informativ erleben zu können, dass die Situation auch im
Landesinnern in keinster Weise so dramatisch ist, wie sie von
den Medien dargestellt wird.
Wir danken Fritz für 1.600 gefahrene Kilometer.
Jetzt beginnt der seefahrende Teil des Urlaubs von Martha und
Fritz, zum Kennen lernen verbringen wir einen "Probetag" in
Chimana Segunda (gleich visavis,
sozusagen), die Nacht aber wieder in der Marina/Hotel.
Und schon hier war das Eis gebrochen - so viele Vorbehalte
Martha im Vorfeld auch hatte, so sehr genoss sie die ruhigen
Tage am Schiff. Von sämtlichen möglichen und unmöglichen Stellen
ins Dinghy rein und raus, Leinen aufschießen, sogar Segel setzen
- alles kein Problem.
Schöne, geruhsame und harmonische Stunden haben wir auf der
Rasmus verbracht, doch leider, die Zeit vergeht viel zu schnell!
Zurück in der Bahia Redonda verbringen wir noch einen
gemeinsamen Stadttag und am Mittwoch, den 22.01.03, dem Tag an
dem lt. "Der Standard" die venezolanischen Fluglinien wieder
einmal streiken sollten, fliegen die beiden nach Margarita.
Für uns war die Zeit mit Martha und Fritz etwas ganz besonderes
und wir hoffen sehr, dass sie ihre Ankündigung, bald wieder auf
die Rasmus zu kommen, bald in die Tat umsetzen werden.
Liebe Grüsse senden Euch
Barbara und Dieter
Puerto la Cruz, am 24.01.03
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