02.08.07
Törn 6
- Zeit mit der Familie
Also, ganz klar ist, wenn Ruth nicht von Anfang an so
dahinter gewesen wäre, wären sie kein erstes und auch kein
zweites Mal gekommen!
Mein Vater Leo und seine Lebensgefährtin Ruth, beide auf den
ersten Blick absolute Landratten – wenn man von Ruths
jugendlich-intensiven Schwimmtrainings und der davon gebliebener
Leidenschaft für´s kühle Nass absieht… Sie leben und arbeiten in
der Stadt, lieben Kunst und Kultur, sind unglaublich, wenn´s um
noch nicht entdeckte Eckerln und Platzerln von Wien geht.
Telefon, Computer, Handy, Blackberry, Auto – Dinge ohne die ich
mir die beiden nicht vorstellen kann. Oder besser gesagt konnte!
Weil schon vor 2 Jahren haben Ruth und Leo bewiesen, dass sie
es sehr gut ohne all diese Hilfsmittel können, und es genießen
einmal nicht erreichbar zu sein. Und dieses Jahr zu Ostern haben
sie sich selber übertroffen – 3 Wochen Ruhe, Natur, das Meer,
Buchten und Inseln. Und ganz ehrlich gesagt, ich glaube, sie
hätten es noch länger ausgehalten!
Dieses Jahr ist es Ruth und Leo gelungen Ruth´s Schwester,
Sonja, und Ruth´s Sohn, Daniel, für diese gemeinsame Reise zu
begeistern - so eine Art familiärer Auszeit könnte man das schon
fast nennen!
Genug von der Zeit vorher - was machen vier absolute
Stadtmenschen auf einem Segelschiff?
Staunen. Die Weite des Wassers, die Ruhe der Buchten, Delfine
rund ums Schiff, ein Wal, der langsam auf- und abtaucht.
Gemeinsam sitzen wir jeden Abend im Cockpit und begleiten die
Sonne, wie sie im Meer versinkt und den Himmel orange-rot-lila
färbt. Immer wieder anders und doch so charakteristisch…
Genießen. Fast(!) immer Aufstehen, wann man will oder wenn
das draußen einfach zu sehr lockt. Das Frühstück zelebrieren,
während ein leichter Wind beginnt, die spiegelglatte
Wasseroberfläche zu kräuseln. Die Bewegung des Schiffes während
des Segelns als angenehm empfinden, aber ab und zu auch das
Ankommen, wenn die Fahrt zu lange oder unruhig war!
Zeit haben. Zeit haben zum Beobachten der Umgebung, oder
einfach nur zum Schauen, zum Nichtstun, zum Fühlen und Riechen.
Und wenn man das alles zur Genüge getan hat zum Lesen, Plaudern,
Zusammensein.
Aktiv werden. Schwimmen und immer wieder schwimmen,
schnorcheln und immer wieder schnorcheln. Beim Segeln Aufgaben
übernehmen, am Steuer stehen, den Kurs halten. Kleine Dörfer
besuchen, in den Fischerhütten am Strand ein Bier trinken, das
laute Treiben der Städte erleben, sich bei einem Kaffee
ausruhen, das Lieblingsrestaurant finden. Über lange Strände
spazieren, kleine Hügel besteigen, unbewohnte Gegenden erkunden.
Sich zurück ziehen. Etwas das man anfänglich nicht vermutet –
die Rasmus bietet Platz genug und jeder findet sein
Lieblingseckerl, seinen Platz. Und ist es am Land, im Wasser und
beim Segeln auch noch so schön, interessant und aufregend, man
freut sich immer wieder auf den Moment, wenn die Rasmus vor
Anker liegt, alles aufgebaut ist und man zu seinem Platzerl
zurückkehren kann.
Nein, wir haben kein Iridiumtelefon, kein Internet und noch
nicht einmal einen Laptop am Schiff, die Seekarten sind bei uns
noch aus Papier, mit dem GPS holen wir uns nur die Position.
Und, noch einmal nein, ich hatte nicht das Gefühl, dass Ruth,
Sonja, Leo und Daniel irgendwas davon vermisst hätten, fast
schon das Gegenteil! Ein wunderschönes Kompliment, das wir gerne
annehmen und abgeändert an die vier zurückgeben wollen:
beeindruckend, wie schnell und bedingungslos Ihr Euch auf das
Leben am Wasser eingestellt habt!
Und da wir ja jetzt alles schon längst wieder zu unseren
Computern und dem Internet zurückgekehrt sind, bin ich gespannt,
wie lange bejahende und verneinende Kommentare der vier auf sich
warten lassen ...
Barbara
Wien, am 2. August 2007
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